Dirk Stelling spricht im Stadtrat
Der Stadtrat gab einstimmig grünes Licht für das neue Baugebiet "Alter Kirchweg", das der Beverstedter Projektentwickler Rainer Gloy realisieren möchte. Foto: Ralf G. Poppe

Nachdem junge Familien in Bremervörde lange auf Bauland haben warten müssen, scheint nun ein Ende der Misere in Sicht: Am 12. März beschloss der Stadtrat einstimmig den Bebauungsplan für das neue Baugebiet am “Alten Kirchweg”.

“In diesem Jahr endet eine Odyssee – Bremervörde bekommt endlich wieder Bauland in der Kernstadt”, sagte Ortsbürgermeister Dirk-Frederik Stelling rückblickend dem Anzeiger über eine Ära, die im Jahr 2024 endlich enden solle. Bereits 2012 war von der damaligen Ratsmehrheit eine Erweiterung des Baugebietes “Vörder Feld” nicht gewollt. Anläufe, in Engeo Abhilfe zu schaffen, scheiterten an den Vorstellungen der Grundstückseigentümer.

Nun gelang es jedoch dem Projektentwickler Rainer Gloy in nicht einmal 22 Monaten, das Projekt bis zum Satzungsbeschluss zu bekommen. Damit “überholte” er die Pläne der Stadt, die parallel an der Realisierung des Baugebiets “Vörder Feld II” arbeitet.

Für die CDU-Fraktion sei es durchaus enttäuschend, dass sich dieser Prozess so sehr hinziehe, während der Privatinvestor nun bald mit der Erschließung und Vermarktung beginnen könne. Auch wenn diese Entwicklung als sehr positiv für die Stadt angesehen werde. Dazu trage auch die Wegeverbindung in das bestehende Wohngebiet Engeo bei, auf die die CDU gedrängt hatte.

Gefahr durch Oberflächenwasser?

Im Verfahren um das Baugebiet “Alter Kirchweg” war es auch viel um die Abführung des Oberflächenwassers gegangen. Bewohner umliegender Häuser hatten Sorge, dass ihre Grundstücke überflutet werden könnten, sollte das Wasser bei anhaltendem Regen nicht mehr auf den Wiesen stehen können. In Richtung der anwesenden Zuschauer:innen aus Engeo gewandt, betonte Stelling, dass die Politik genau beobachten werde, ob alle Vorgaben vom Investor eingehalten würden.

Auch Berit Nießen-Hohmeyer (SPD) versprach bei der Entwässerungslösung sehr genau hinzusehen. Jochen Hake (Bündnis 90/Die Grünen/FDP) machte deutlich, dass erst mit der Klärung der Abführung des anfallenden Oberflächenwassers und der ggf. daraus erfolgenden Nutzung des Oereler Kanals auch Fragen zum Hochwasserschutz für die Anrainer im weiteren Verlauf des Kanals zu thematisieren seien. Zudem verwies er auf die Sinnhaftigkeit des Gebietes. “Eine gute Radweganbindung an die Innenstadt, die Schulen und den Bahnhof ist für das neue Baugebiet nicht nur aus Klimaschutzgründen sinnvoll, sondern erhöht auch dessen Attraktivität”, so Hake.

Kritik an Verwaltungsspitze

Weiterhin ging es in der Stadtratssitzung um den Antrag der CDU zum “Aufbau einer Wirtschaftsförderung”. Niklas Brockmann erläuterte den Antrag seiner Fraktion und übte scharfe Kritik an der Verwaltungsspitze. Im Zuge des letzten Umbaus sei “die Wirtschaftsförderung hinten runtergefallen”. Unternehmen fänden in der Verwaltung keinen Ansprechpartner mehr und wendeten sich zunehmend an die ehrenamtlichen Ortsbürgermeister, wenn sie Pläne in der Stadt hätten.

Besonders irritiert zeigte sich Brockmann von der Aussage in der Verwaltungsvorlage, dass der Bürgermeister eine solche Stelle bereits 2022 vorgeschlagen hätte. Anhand der Unterlagen zeigte Brockmann auf, dass es damals um eine reine Social-Media-Stelle gegangen sei. Marketing wäre jedoch lediglich eine Facette von Wirtschaftsförderung.

Der Vorsitzende des Ausschusses für Finanzen und Personal nutzte die Gelegenheit, sich bei Marina Imbusch, die die neue Stabsstelle Standortmarketing und Öffentlichkeitsarbeit leitet, zu bedanken, um ihr für ihre Aufgabe Glück zu wünschen. Die von der CDU geforderte Stelle sei aber eine notwendige Ergänzung, um die örtlichen Betriebe zu unterstützen und Ansiedlungen von neuen Unternehmen zu fördern. Der Antrag wurde zur weiteren Beratung in den Fachausschuss verwiesen.

Doppelhaushalt?

In der Sitzung ging es zudem darum, dass die Stadt Bremervörde für die Jahre 2025/2026 wieder einen Doppelhaushalt aufstellen möchte. Im Herbst dieses Jahres werden somit die Beratungen für zwei Haushaltsjahre stattfinden. Das spare im Folgejahr einen umfangreichen Beratungsprozess. Außerdem könne die Stadtverwaltung im Jahr 2026 sofort mit der Umsetzung von Maßnahmen beginnen, ohne auf die Haushaltsgenehmigung durch den Landkreis warten zu müssen.

Ein Doppelhaushalt ermögliche eine effizientere Abarbeitung von politischen Beschlüssen und sei daher gelebter Bürokratieabbau, so der Vorsitzende des Ausschusses für Finanzen und Personal, Niklas Brockmann (CDU). Lediglich die SPD stimmte gegen diese Vorgehensweise, weil sie die Rechte des “Parlaments” damit eingeschränkt sieht.

Dies sah Jochen Hake (Grüne/FDP) nicht so. Er verwies auf Möglichkeiten, über Anträge oder Nachtragshaushalte zu agieren, falls unvorhergesehene Ereignisse eintreten. “Eine Einschränkung der demokratischen Rechte kann ich bei einem Doppelhaushalt nicht erkennen. Es bleibt jedem gewählten Vertreter unbenommen über Anträge oder über einen Nachtragshaushalt den aufgestellten Haushalt zu ändern, wenn dieser eine Mehrheit findet”, so Hake.

Auch Thorsten Wruck (WG Pro Bremervörde) betonte die nachvollziehbare Begründung mit guten Argumenten, die ihn bewogen hätten, entgegen seiner Ablehnung von Doppelhaushalten in der Vergangenheit diesmal zuzustimmen.


Ralf Poppe, Bremervörder Anzeiger

Weitere Presseberichte

Nach oben scrollen