Christdemokrat Marco Prietz setzt sich im ersten Wahlgang deutlich gegen seine beiden Mitbewerber durch
“Ich hab gewonnen”: Unter stehenden Ovationen der Bremervörder CDU betritt Marco Prietz am Sonntagabend um zirka 21.30 Uhr als frisch gewählter Landrat des Landkreises Rotenburg die bis dahin alles andere als rauschende Wahlparty seiner Partei in das “Haus am See”. Ein breites Grinsen im Gesicht, die Anspannung nach einem langen und intensiven Wahlkampf sichtlich gelöst. Längst stand zu diesem Zeitpunkt fest: Der 33-jährige CDU-Politiker aus Bremervörde macht das Rennen wie erwartet deutlich. Außer in Bothel und Rotenburg holt Prietz in allen Kommunen des Landkreises die absolute Mehrheit.
Die Aufregung im Foyer des Rotenburger Kreishauses hielt sich in den rund eineinhalb Stunden nach Schließung der Wahllokale, bis gratuliert wird, in Grenzen. “Es kann ja nichts schiefgehen”, sagt der scheidende Landrat Hermann Luttmann. Er sagt das als Wahlleiter, aber natürlich auch als Prietz‘ Parteifreund. 15 Jahre war Luttmann der oberste Verwaltungschef im Landkreis, auch sein Vorgänger Hans-Harald Fitschen – ebenfalls CDU – ist da, er bleibt nicht allzu lange: Er kann Prietz ja auch früher gratulieren. Die Sache läuft. Oder wie Luttmann sagt: “Alles ist gut.”
Da mag an diesem Abend auch Stefan Klingbeil nicht widersprechen. Der Kreisvorsitzende der Linken aus Rotenburg war wie die zweite Herausforderin von
Prietz, Gabriele Hornhardt (“Bürgerliste Landkreis Rotenburg”) aus Kirchwalsede, erst im Juli ins Rennen ums Landratsamt eingestiegen, nachdem der von SPD und Grünen nominierte Volker Harling aus gesundheitlichen Gründen passen musste. Um 18.45 Uhr scherzt Klingbeil angesichts der sich aktualisierenden Ergebnisse der Bildschirmpräsentation und des wie erwarteten Ergebnisses: “Kanzler werde ich nicht mehr.” Dass er letztlich mit rund 15 Prozent ein beachtenswertes Ergebnis erzielt, begründet er zwar auch damit, dass die SPD keinen Kandidaten mehr hatte. Zum Feiern war ihm aber trotzdem zumute: “15 Prozent sind für uns großartig!” Erwartungen in dieser Größenordnung habe man gar nicht gehabt. Den Sekt habe er also nicht umsonst kaltgestellt – ein Feiertag für die Linke.
Für den CDU-Politiker Marco Prietz natürlich auch. Sichtlich erleichtert nimmt er gegen 19.49 Uhr, es sind 212 Wahlbezirke ausgezählt, die offiziellen Gratulationen entgegen. Sein Kreisvorsitzender Marco Mohrmann: “Marco Prietz vereint politisches Talent mit Verwaltungserfahrung. In seiner kommunikativen Art sucht er das Gespräch mit den Menschen, die sein außergewöhnliches Engagement heute nun mit einem außergewöhnlichen Wahlergebnis honoriert haben. Ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit mit Marco Prietz als neuen Landrat.”
Grünen-Kreissprecher Hans-Jürgen Schnellrieder und das SPD-Führungsduo Ina Helwig und Nils Bassen sind ebenso zum corona-konformen Gratulieren erschienen, bei der Umarmung bleibt die Maske auf. “Es bleibt nach der Wahl wie vor der Wahl”, sagt Helwig, eine Überraschung sei das mit dem Ergebnis natürlich alles nicht. Und dann folgen sowohl von den Grünen als auch der SPD die entscheidenden Worte, möglicherweise auch mit Hinblick auf neue Kreistagskonstellationen. Dort hatte Prietz die vergangenen fünf Jahre die CDU-geführte Mehrheit geleitet. Jetzt heißt es von der bisherigen Gegenseite: “Auf gute Zusammenarbeit.”
Mit knapp über 60 Prozent der Stimmen bleibt Prietz nur knapp hinter dem letzten Sieg von Hermann Luttmann im Jahr 2014, der inklusive Amtsbonus 62,1 Prozent der Stimmen in der Wahl gegen Herausforderer Hans-Peter Daub geholt hatte. Knapp 25 Prozent der Stimmen gehen an Hornhardt, die sich als Ziel gesetzt hatte, dass es eine Stichwahl geben soll. Dieses Ziel verfehlt sie – aber dazu äußert sie sich am Wahlabend nicht. Sie war bis Redaktionsschluss nicht zu erreichen.
Anders der strahlende Sieger, der nach seinen Besuchen in Rotenburg, Zeven und Selsingen zu guter letzt vor seinen Parteifreunden in Bremervörde, auch wenn er sich zu beginn seiner Rede kurz sammeln muss: “Ich bin sprachlos.” Er habe nun einiges vor sich im Rotenburger Kreishaus, blickte der neue Landrat voraus. Das Ergebnis mit über 60 Prozent interpretierte er jedoch als “klarer Auftrag für meine Politik”, den Landkreis und seine Verwaltung modern und bürgernah zu gestalten.