Bremervörder Christdemokrat will bei Kommunalwahl 2026 als Bürgermeister kandidieren
Die Katze ist aus dem Sack: Dirk-Frederik Stelling sprach bei der CDU-Mitgliederversammlung am Dienstagabend im Hotel Daub öffentlich aus, womit viele Beobachter bereits gerechnet hatten. Der 32-Jährige will 2026 Bremervörder Bürgermeister werden.
Bei der Versammlung am Dienstagabend, in deren Verlauf er den Vorsitz des CDU-Gemeindeverbandes nach rund acht Jahren zugunsten seiner Nachfolgerin Kristin Harms niederlegte (mehr dazu in Kürze), machte Stelling seine Kandidatur offiziell. „Ich bin bereit, als Bürgermeister dieser Stadt zu kandidieren. Ich bin bereit, mich dieser Verantwortung zu stellen.“ Initiiert von Landrat Marco Prietz erntete Stelling für diese Ankündigung Standing Ovations von den knapp 70 anwesenden CDU-Mitgliedern.
Wie die BZ erfuhr, hatte Stelling, Leiter des Bereichs Wirtschaftsförderung im Amt für Kreisentwicklung des Landkreises Osterholz, zuvor bereits seine Arbeitskollegen über seine Pläne in Kenntnis gesetzt. Auch innerhalb der Bremervörder CDU wird Stelling kaum jemanden mit diesem Schritt überrascht haben. „Wir lagen dir ja schon länger damit in den Ohren“, scherzte etwa Schriftführerin Bianka Grieschow-Pülsch nach der Ankündigung.
Kritik an der aktuellen Verwaltungsspitze
Die Nominierung Stellings bei der noch ausstehenden offiziellen Kandidatenkür darf als sicher gelten. Stelling betonte, er verspüre großen Respekt vor dem Amt und der Herausforderung. Vor der Wahl 2021 hatte der 32-Jährige noch darauf verzichtet, seinen Hut in den Ring zu werfen. Auch, nachdem andere potenzielle Kandidaten wie der heutige Landrat Marco Prietz oder Gunnar Dücker nicht zur Verfügung standen. Am Ende stellte die CDU den Nieder Ochtenhausener Ortsbürgermeister Stefan Imbusch auf, der die Wahl gegen den parteilosen Kandidaten Michael Hannebacher verlor.
Apropos Hannebacher: In seiner Rede sparte Dirk Stelling nicht mit Kritik am amtierenden Bürgermeister – ohne dessen Namen ein einziges Mal in den Mund zu nehmen. Bereits vor einem Jahr habe er kritisiert, dass „keine Impulse aus dem Rathaus“ kommen, so der 32-Jährige. Er, der bereits über die Hälfte seines Lebens Politik gemacht habe, sei in den 90er Jahren in Bremervörde „behütet“ aufgewachsen – einer „Stadt im Aufbruch“. Geprägt sei sein Weg vom Ehrenamt, etwa in Kirche oder Schützengesellschaft und natürlich auch in der CDU. „Mir war immer auch die Partei wichtig. In Parteien sind Menschen, die sich engagieren“, bedankte sich Stelling bei seinen Parteifreunden. „Parteilos kann erstmal jeder“, so der Seitenhieb ins Rathaus. Es sollte nicht der einzige bleiben.
Stelling: „Ich vermisse die politische Führung“
„Ich vermisse die politische Führung in dieser Stadt“, betonte Stelling. Ebenso fehle ihm eine Idee davon, wohin der Bürgermeister Bremervörde entwickeln wolle. „Die großen Entscheidungen dieser Wahlperiode sind gegen oder ohne den Bürgermeister entstanden“, kritisierte der 32-Jährige. Leider würden Ideen und Anträge der Parteien von der Verwaltungsspitze nicht als hilfreich, sondern als störende oder lästige Aufgaben betrachtet. Er selbst habe die Zusammenarbeit von Verwaltung und Politik anders gelernt. Es gelte, sich auf Augenhöhe zu begegnen und die beste Lösung zu suchen.
Ein Bürgermeister müsse natürlich die Verwaltung leiten, aber auch repräsentieren und politische Führung übernehmen. „Er muss beides können und er muss beides wollen“, fügte Stelling mit besonderer Betonung auf das Wort „wollen“ hinzu. „Ziele haben, Ideen entwickeln, Mehrheiten finden, Menschen mitnehmen“, zählte der Christdemokrat auf. „Wenn wir nur einen reinen Verwaltungsfachmann haben, werden wir auch nur verwaltet.“ Bei vielen Akteuren in der Stadt sei deshalb bereits eine große Enttäuschung hörbar und spürbar.
Als Beispiel nannte Stelling die Brunnenstraße, die aktuell für gut eine Million Euro saniert wird. Gleichzeitig sei die Leerstandsquote bereits jetzt deutlich höher, als dies bei Baubeginn vorstellbar gewesen sei. „Was ist schiefgelaufen?“, fragte Stelling mit Blick auf die „Einkaufsstraße“. Seine Antwort: „Weder Planer noch Stadtverwaltung haben mit den Geschäftsleuten gesprochen.“ In letzter Minute sei die CDU „reingegrätscht“ und habe Dinge wie in Lieferzonen geplante Bäume und andere Details verhindert. Dabei habe die hauptamtliche Verwaltung immer einen Informationsvorsprung sowie mehr Zeit und Möglichkeiten als die ehrenamtlichen Vertreter der Politik. Man müsse sich mit denjenigen auseinandersetzen, die etwas bewegen wollen und sich in Bremervörde engagieren und dort wirtschaften. „Das muss dann im Zweifelsfall auch einmal Chefsache sein“, forderte Stelling.
Den einzigen wirklichen Fortschritt attestierte Stelling der Stadt im Bereich Social-Media-Präsenz. Die Stabsstelle Standortmarketing mache gute Arbeit, sagte Stelling. Doch Social Media ersetze keine Wirtschaftsförderung.
Bürgermeister als Ansprechpartner für alle
Der nächste Bremervörder Bürgermeister müsse Ansprechpartner für alle sein, die Ortschaften gleichmäßig in den Blick nehmen und die Weichen für die nächsten zehn bis 20 Jahre setzen. Die CDU müsse den Bremervörderinnen und Bremervördern daher für die nächste achtjährige Amtszeit ein Angebot machen.
Gleichwohl sei die finanzielle Lage der Stadt katastrophal, die Lage dramatisch. Die Aufgaben des nächsten Bürgermeisters würden entsprechend anspruchsvoll. Er selber habe nichts anzubieten als „harte Arbeit, die Bereitschaft schwere Entscheidungen zu treffen und meinen unermüdlichen Einsatz für diese Stadt“. Er trete an, weil er an das Potenzial der Stadt und ihrer Einwohner glaube.
Theo Bick – Bremervörder Zeitung