Bremervörder Bürgermeisterkandidaten zu Gast: Letztes direktes Aufeinandertreffen vor der Wahl
Noch drei Tage bis zum Urnengang. Irgendwann am späten Sonntagabend wird klar sein, ob es einen neuen Bremervörder Bürgermeister gibt oder ob zwei der drei Bewerber in die Stichwahl gehen. Um möglichst viele Wähler von sich zu überzeugen, haben Stefan Imbusch (CDU), Michael Hannebacher (parteilos) und Jochen Hake (Grüne) in den vergangenen Monaten eine Vielzahl an Wahlkampfauftritten absolviert und Diskussionsveranstaltungen besucht. In der BZ haben sich die drei Kandidaten ausführlich zu verschiedenen Brennpunktthemen geäußert. Ein letztes Aufeinandertreffen des Kandidaten-Trios vor der Wahl fand am Mittwoch im BZ-Verlagsgebäude statt.
In Bremervörde stets für eine Kontroverse gut ist das Thema Baulandentwicklung im Allgemeinen sowie ein mögliches Neubaugebiet “Vörder Feld” im Speziellen. Auch am Mittwoch zeigten sich hier die größten Unterschiede zwischen den Kandidaten. Er wolle den Menschen grundsätzlich nicht vorschreiben, wie sie zu bauen haben, betont Stefan Imbusch, der einzige echte Befürworter des Neubaugebietes im Trio. Über die Frage, wie hoch der Prozentsatz der Einfamilienhäuser (Imbusch: “75, 80 oder 85 Prozent”) sein solle, könne man reden. Auch für einen Anteil Reihen- oder Mehrgenerationenhäuser sei er offen. In jedem Fall sei es wichtig, die gesamte etwa zehn Hektar große Fläche im Vörder Feld “zu bespielen“,so der Christdemokrat. “Meine Überzeugung ist, dass das Vörder Feld nicht reichen wird”.
Anders Jochen Hake. Der Grüne bezweifelt gar, dass das Vörder Feld in der von der CDU-Ratsmehrheit vorgesehenen Form überhaupt zustande kommt. So werde eine neue Bundesregierung gezwungen sein, im Zeichen des Klimaschutzes im Baurecht verschärfte Zielvorgaben zu machen. Angesichts von Problemen im Vörder Feld in Sachen Verkehrsanbindung, Flächenverbrauch und Wasserabfluss setzt Hake auf kleinere Gebiete wie beim Alten Kirchweg und auf eine Überarbeitung der Bauleitpläne, um in der Kernstadt das Bauen auf großen Grundstücken in zweiter Reihe zu ermöglichen.
Michael Hannebacher, ebenfalls kein Freund des Vörder Feldes, erinnerte an das viel zitierte Baulandgutachten, in dem das Vörder Feld als Standort für ein Neubaugebiet als “quasi ungeeignet” eingestuft werde. Allein aufgrund der Höhenunterschiede und der damit verbundenen Abwasserproblematik werde sich ein Baugebiet im Vörder Feld nicht in geplanter Größe realisieren lassen. Dennoch werde die Stadt nicht gänzlich um das Vörder Feld herumkommen. Ein komplettes “auf Null stellen”, um sich auf Alternativen zu fokussieren, wäre den Bürgern nicht zu vermitteln und angesichts dringend ausbaubedürftiger bauplanungsrechtlicher Kapazitäten im Rathaus zu zeitraubend. Hake widerspricht direkt: “Das sehe ich anders. Ich würde tatsächlich auf Null stellen.” Die Frage sei, wo lasse sich Bauland am schnellsten entwickeln. Seine Meinung: durch die Änderung von Bauplänen. Falls die Experten in der Verwaltung zu einem anderen Schluss kämen, sei es eben so. Für Imbusch sind Alternativen zum Vörder Feld vorerst keine Option. Es müsse schnell gehen. Eine Bebauung im Vörder Feld mit “Regenrückhaltebecken” könne die vorhandene Regenwasserproblematik in dem Bereich gegebenenfalls sogar verbessern.
Kompetenzen überdenken
Einen direkten Dissens – vorrangig zwischen Hannebacher und Imbusch – gibt es in Bezug Stadtmarketing mit Blick auf den Verein City- und Stadtmarketing (CSM). Aufhorchen ließen kürzlich insbesondere die Äußerungen von Michael Hannebacher, der Zuständigkeiten neu überdenken möchte und somit die jetzige Rolle des CSM infrage gestellt hat. Die Idee des Vereins sei gewesen, dass er Aufgaben übernehmen könne, die sonst das Rathaus selbst hätte erledigen müssen. Bei der Übertragung der Kompetenzen sei aber seinerzeit nicht alles richtig gelaufen, führte Hannebacher aus. “Leerstandskataster, aktive Ansiedlungspolitik, eine Marke für Bremervörde entwickeln und nach außen tragen, ein enger Draht zu den Gewerbetreibenden und gegebenenfalls die Organisation von Veranstaltungen”, seien Aufgaben eines professionellen Stadtmarketings. Welche dieser Kompetenzen künftig im und welche außerhalb des Rathauses verortet werden sollten, lässt Hannebacher offen: “Viele sind unzufrieden. Deswegen muss man das nochmal neu sortieren.”
Imbusch macht sich für ein Miteinander von Verwaltung und CSM stark. Auch wehrt er sich gegen ein zu negativ gezeichnetes Bild bei der Entwicklung. In Sachen Leerstand habe sich etwa seit 2016 bereits einiges in der Stadt getan. Aus über 30 leer stehenden Geschäften seien bis heute “nur” 16 Leerstände geworden.
Klimaschutz im Rathaus
“Baurecht, Fahrradverkehr, energetische Sanierungsgebiete und Solaranlagen auf städtischen Gebäuden.” An zahlreichen Punkten könne ein Bürgermeister etwas für den Klimaschutz unternehmen, betont Hake. Dieser müsse das aber auch vorleben, etwa beim Radverkehr, und auch wollen. Gemeinsam mit dem Ortsverband der Grünen macht er sich zudem für einen Bremervörder Klimaschutzmanager stark. Hannebacher und Imbusch sehen das anders. Zum jetzigen Zeitpunkt mache es mehr Sinn, die Klimaschutzmanagerin des Landkreises projektgebunden zurate zu ziehen. Auch Imbusch möchte lieber gezielt Expertenwissen dazuholen, wenn benötigt, während Hake für ein generelles Um- und Andersdenken in Sachen Klimaschutz plädiert.
Bei vielen Themen unterscheiden sich die Kandidaten eher in der Herangehensweise oder in Detailfragen. So etwa bei der Notwendigkeit der Attraktivierung des Bremervörder Hafens. Fördermittel seien für ein “Aufpeppen nötig”, so Imbusch, der sich am “Leitbild 2030” orientieren möchte. Zustimmendes Nicken bei den Mitbewerbern. Die gleiche Reaktion, als Hannebacher sich für die Attraktivierung der Achse vom See zum Hafen ausspricht. Auch darüber, dass die Neue Straße vom Verkehr entlastet werden muss, besteht Einigkeit. Eine wichtige Rolle könnte die A20 spielen, von deren Bau Imbusch überzeugt und Hake ein Gegner ist. Auf Tempo 30 auf der Neuen Straße in der Nacht könnten sich hingegen alle Kandidaten jetzt schon einigen.
Wie wichtig Verwaltungserfahrung ist, beurteilen die drei Kandidaten – jeweils passend zum Lebenslauf – unterschiedlich. Zwar sei die Verwaltungserfahrung nur eine von mehreren Komponenten, doch angesichts von Wahlperioden von nur fünf Jahren sei Erfahrung enorm wichtig, so Verwaltungsmann Hannebacher. Ratsmitglied Imbusch kontert: Er wolle Bürger- statt Verwaltungsmeister sein. Ein Bindeglied zwischen Verwaltung, Politik und Einwohnern. “Am Ende kommt es auf die Gesamtperson an”, ist sich Hake sicher.
Und ob der nächste Bürgermeister schon am 12. September feststehen wird? Die Kandidaten halten sich bedeckt. Imbusch und Hannebacher wünschen sich eine Entscheidung im ersten Wahlgang. Hake wagt keine Prognose. Denn natürlich – das betonen alle drei – liege die Entscheidung ausschließlich in den Händen der Wählerinnen und Wähler.
Bremervörder Zeitung – Theo Bick