CDU-Grogabend: Motto für den Wahlkampf „Zeit für Zobel“ – Brillanter Vortrag von Ex-General Rainer Meyer zum Felde
Der traditionelle Grogabend der Bremervörder CDU im „Haus am See“ am Mittwoch ist laut ihrem Vorsitzenden Dirk-Frederik Stelling ein „Opfer des Ampel-Aus“ geworden. Der Verteidigungsexperte der Partei, Roderich Kiesewetter, konnte wegen der vorgezogenen Bundestagswahl nicht nach Bremervörde kommen. Mit seiner Ankündigung, einen „absolut adäquaten Ersatz“ als Redner präsentieren zu können, behielt Stelling allerdings recht.
Ex-General Rainer Meyer zum Felde lieferte eine brillante und von Schönfärberei weit entfernte Analyse der aktuellen politischen Situation. Zudem stellte sich die Bundestagskandidatin Vanessa-Kim Zobel, die den Wahlkreis für die CDU behaupten soll, vor.
Bereits zum 14. Mal hatte die CDU zum „Grogabend“ eingeladen, bei dem sich die zahlreichen Besucher das Bremervörder „Nationalgetränk“ schmecken ließen. Das Heißgetränk bildete eine gute Unterlage für den Vortrag des ehemaligen NATO-Generals. Das war auch nötig: Denn Meyer zum Feldes schonungslose Darstellung der Situation aus Sicht eines fachkundigen Militärs ließ nicht gerade frohe Erwartungen darüber aufkommen, worauf Deutschland und der Westen sich einzustellen haben.
Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine, das chinesische Machtstreben, die unsichere Lage nach der Trump-Wahl in den USA, in den europäischen Randstaaten sowie im Nahen Osten – die Zeiten, in der Deutschland die Realitäten verdrängen und sich weiter gemütlich einrichten könne, seien vorbei. Jahrelang habe es sich Deutschland bequem gemacht: „Jetzt müssen wir alle Dinge auf den Prüfstand stellen“, forderte Meyer zum Felde.
Beispiel Russland: Das Land strebe eine Revision der Ereignisse Ende der 1990er Jahre an. Putin dürfe den „gnadenlosen Abnutzungskrieg“ gegen die Ukraine nicht gewinnen. Einen Waffenstillstand werde er wahrscheinlich dazu nutzen, sein Land noch stärker als schon jetzt rüstungsmäßig zu entwickeln und zu versuchen, nach einer Pause die Ukraine im zweiten Anlauf zu zerschlagen. Auch einen Konflikt mit der NATO, die im Bündnisfall eingreifen müsse, schloss der Redner nicht aus.
„Wir haben uns seit 1989 in scheinbarer Sicherheit gewägt, obwohl es genügend Anzeichen für die Entwicklung in Russland gab.“
Ex-General Rainer Meyer zum Felde
Ohne Beistand der Nuklearmacht USA gebe es keinen ausreichenden Schutz. Sollte Trump darauf verzichten, Nuklearraketen in Deutschland aufzustellen, „kann uns Putin uneingeschränkt erpressen“ (Meyer zum Felde). Auch sei eine engere Anbindung an Großbritannien und Frankreich nötig: „Von einem deutschen Sonderweg auszugehen, ist romantisch.“
Überhaupt: Deutschland müsse, verwendete der 70-Jährige einen Ausdruck von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), „kriegstüchtig“ werden. Und zwar nicht nur durch eine Erhöhung der Wehrausgaben, sondern auch durch eine personelle Verstärkung der Bundeswehr. „Eine glaubhafte Wehrtüchtigkeit fordert alle: Staat, Gesellschaft und Wirtschaft.“ Die Zeit dränge: Würden jetzt nicht die richtigen Schlüsse gezogen, sei es vielleicht schon bald zu spät. Sorge bereite ihm auch, dass Russland schon jetzt mehr in Rüstung investiere, als das Land für den Krieg gegen die Ukraine benötige.
Ab März, nach der Bundestagswahl, erwartet der ehemalige Brigadegeneral ernsthafte Diskussionen darüber, wie die Bevölkerung auf diese düstere Zukunftsperspektive vorzubereiten sei. Die Grünen stünden dabei den Vorstellungen der Union näher als die „Mützenich-SPD“, behauptete er.
Ganz ohne positive Aspekte wollte Meyer zum Felde die gebannt zuhörenden Anwesenden dann aber doch nicht entlassen. Die Entwicklung in Syrien, der Fall des Diktators Assad, habe Putins Renommee in der Welt beschädigt. Auch würden die Verteidigungsausgaben in Europa steigen und die NATO sei an ihrer osteuropäischen Grenze planerisch besser aufgestellt als noch in der Vergangenheit.
Die Verteidigungspolitik stellte auch die Bundestagskandidatin Vanessa-Kim Zobel („Ich bin die Ehefrau eines Fallschirmjägers“) in den Mittelpunkt ihrer Rede. Nötig sei eine zielorientierte Beschaffung, „damit die Kameraden vor Ort gut ausgerüstet sind“. Dafür werde sie sich in Berlin einsetzen.
„Nach 15 Jahren in Saus und Braus muss jetzt der Gürtel enger geschnallt werden.“
CDU-Bundestagsbewerberin Vanessa-Kim Zobel
Überhaupt sei es nötig, die Lebensrealität in die Bundeshauptstadt zurückzubringen, sagt die Wirtschaftsfachwirtin aus Mehedorf. Deutschland stehe vor enormen Herausforderungen, „die Party ist vorbei“. Änderungen beim Bürgergeld seien notwendig, habe doch das Land keinen Fachkräftemangel, sondern einen Kräftemangel. Trotz der wirtschaftlichen Flaute, für die auch die Union mitverantwortlich sei, sieht Zobel nicht schwarz: „Ich habe keine Angst vor der Zukunft, wir müssen nur endlich aus dem Quark kommen.“
Am 2. Januar, kündigte der CDU-Vorsitzende Stelling an, starte der „kurze, knackige Wahlkampf“. Teamarbeit sei notwendig, appellierte er an die Mitglieder seiner Partei. „Zeit für Zobel“ ist der Slogan, mit der die Bremervörder CDU für ihre Bundestagskandidatin – die erste in der Geschichte des Gemeindeverbandes – werben wird.
Rainer Klöfkorn – Bremervörder Zeitung – 13.12.2024