Vanessa-Kim Zobel aus Mehedorf könnte Bremervördes erste Bundestagsabgeordnete werden
Vanessa-Kim Zobel (36) ist die Direktkandidatin der CDU für den Wahlkreis Stade I – Rotenburg II bei der kommenden Bundestagswahl. Die Mehedorferin hat damit gute Chancen auf den Einzug in den Bundestag. Es wäre eine Premiere für die Ostestadt
Über 700 stimmberechtigte Parteimitglieder, insgesamt über 800 Gäste in der Buxtehuder Festhalle. Melanie Reinecke (MdL) begrüßte die Gäste und nutzte die imposante Kulisse, um einen kleinen Seitenhieb gegen die politische Konkurrenz auszuteilen. „Im Gegensatz zur SPD wird bei uns den Mitgliedern die Entscheidung überlassen“, so Reinecke.
Auch Dr. Marco Mohrmann (MdL), am Donnerstagabend als Versammlungsleiter tätig, äußerte sich am Freitag beeindruckt: „Dass über 700 Parteimitglieder dabei waren, um darüber zu entscheiden, wer uns im Bundestag vertreten soll, macht uns großen Mut.“ Mohrmann bedankte sich bei allen Bewerbern, die der Partei den Luxus der Auswahl ermöglicht haben und beglückwünschte die Gewinnerin, Vanessa-Kim Zobel.
Zobel: „Ein Meilenstein in meinem Leben“
Gestern Vormittag erreicht die BZ die hörbar glückliche Mehedorferin am Telefon. Sie sei immer noch voller Glücksgefühle und überwältigt von den Eindrücken des Vortages, sagt die frisch nominierte CDU-Kandidatin. Nach dem Verzicht von Oliver Grundmann habe sich ihr eine einmalige Chance geboten. „Ein Meilenstein in meinem Leben“, sagt Zobel und zeigt sich selbstbewusst. Bei der aktuellen Stimmung im Land rechnet sie sich „keine schlechten Chancen“ aus, das Direktmandat im kommenden Jahr gewinnen zu können.
Damit das gelingt, will sie sich auch nach dem intensiven innerparteilichen Wettbewerb jetzt keineswegs ausruhen. Insbesondere im Landkreis Stade wird die Mehedorferin noch intensiv um Bekanntheit werben müssen. Schon heute fährt sie auf Einladung der CDU Buxtehude auf den dortigen Wochenmarkt. Auch Stichwahlverlierer Alexander Krause hatte Zobel noch am Donnerstagabend auf der Bühne Unterstützung zugesichert.
Unbedingt zitiert wissen möchte die Mehedorferin einen „Dank an meine Familie und meinen Mann, der mir den Rücken freigehalten hat“.
Bis zum Sieg in Buxtehude war es ein spannender und intensiver Wahlkampf. Der Wahlkampf mit den zwischenzeitlich fünf Kandidaten hat die CDU im gesamten Wahlkreis sichtlich mobilisiert. Insbesondere galt dies für den Rotenburger Kreisverband, der in den vergangenen Wochen rund 200 Neueintritte verzeichnen konnte. Schon beim Einlass ließ sich erahnen, dass die beiden Bewerber aus dem Rotenburger Kreisverband nicht die schlechtesten Chancen haben würden. Zwecks Registrierung und Überprüfung des Stimmrechts wurden die CDU-Mitglieder nach Verbandszugehörigkeit getrennt hereingelassen. Vor dem Rotenburger Eingang bildete sich trotz der deutlich weiteren Anreise eine lange Schlange.
BZ-Informationen zufolge standen letztlich etwa 250 Stader rund 460 Rotenburgern gegenüber. Ein Kräfteverhältnis, das sich im entscheidenden zweiten Wahlgang zwischen Alexander Krause aus Buxtehude (247 Stimmen) und Zobel (440) fast eins zu eins widerspiegelte und manchem Rotenburger nach Jahren der Stader Dominanz in der Kandidatenfrage ein zufriedenes Lächeln ins Gesicht zauberte. Von den Offiziellen wird jedoch die Einigkeit der Kreisverbände hervorgehoben. „Gemeinsam mit dem Kreisverband Stade haben wir den gesamten Wahlkreis im Blick. Wir sind eins“, sagt etwa Dr. Marco Mohrmann. Die frisch gekürte Kandidatin stößt ins selbe Horn: „Egal ob Jork, Buxtehude, Gnarrenburg“.
Vorentscheidung bereits im ersten Wahlgang
Mit besonderer Spannung wurde am Donnerstagabend das Ergebnis aus dem ersten Wahlgang erwartet. Vielen Anwesenden war bewusst: Wer es aus dem Landkreis Rotenburg in den zweiten Wahlgang schafft, hat gute Aussichten in der Stichwahl. Eine Prognose darüber, wer es in die Stichwahl schaffen würde, wagte vor Ort kaum jemand. Beim Ergebnis zeichnete sich dann eine deutliche Tendenz zugunsten von VanessaKim Zobel ab. Mit 273 Stimmen der 702 abgegebenen Stimmen – vier waren ungültig – verpasste sie im ersten Wahlgang zwar die notwendige Mehrheit von 350 Stimmen, lag aber dennoch deutlich vor Alexander Krause, der 219 Stimmen erhielt. Nico Burfeind erhielt 192 Stimmen im ersten Wahlgang, Sabrina Klapper war mit lediglich 18 Stimmen chancenlos.
Hinter vorgehaltener Hand war auch aus den Reihen der Bremervörder Christdemokraten manche Stimme zu hören, die dem Buxtehuder Alexander Krause den stärksten Auftritt in der Vorstellungsrunde bescheinigten. Auch der junge Nico Burfeind, der sein Alter offensiv thematisierte („Das Alter ist lediglich ein Grund, der jeden Tag schwächer wird“) erntete für seinen Auftritt viel Anerkennung. Vanessa-Kim Zobel blickt auf BZ-Nachfrage denn auch durchaus selbstkritisch auf ihre Rede. Der Beginn sei tatsächlich „nicht brillant“ gewesen, so Zobel, die am Anfang sichtlich nervös wirkte und zudem unverschuldet mit Tonproblemen zu kämpfen hatten. Geholfen habe die Begegnung mit zahlreichen Unterstützern vor Ort.
„Fühlen sie sich von der Politik noch verstanden? Ich nicht“, hatte Zobel in ihrer Vorstellungsrede gefragt und versprochen, wieder die Lebensrealität „normaler Menschen“ nach Berlin bringen zu wollen. „Es läuft unglaublich viel schief in diesem Land“, sagte Zobel. Themen wie „Cannabisfreigabe, Gendersternchen und Geschlechterwechsel“ hätten nichts mit dem ländlichen Raum zu tun, wo mit dem Auto gependelt werde, weil der nächste Bus erst in zwei Stunden statt in fünf Minuten komme. Auch das „Kaputtsparen der Bundeswehr“ schmerze sie als Ehefrau eines Soldaten sehr.
Kurswechsel in der Migrationsfrage
Inhaltlich zeigten sich in den Positionen der Kandidaten, nicht umsonst alle mit demselben Parteibuch ausgestattet, naturgemäß viele Gemeinsamkeiten. Dass die CDU gerade dabei ist, sich deutlich konservativer aufzustellen, war unisono beim Thema Migration zu hören. Von Sabrina Klapper („Wir müssen diesen fluffig linken Kurs beenden“), über Nico Burfeind („Klare Kante bei Migration“) und Alexander Krause („Aufnahmestopp“) bis hin zur späteren Siegerin Vanessa-Kim Zobel („Es darf keine Belohnung für Flüchtlinge geben, die zufällig ihre Pässe verlieren.“) wird ein deutlicher Kurswechsel gefordert. Töne, die in der „Ära Merkel“ und ihren Ausläufern auf offener Bühne so nicht häufig in den Reihen der CDU gehört wurden. Krause: „Wir wussten doch selber nicht, wofür wir stehen.“
Der Erfolg von Zobel wird natürlich auch in den Reihen der Bremervörder CDU gefeiert. „Ich bin sehr stolz auf Vanessa. Mit diesem Ergebnis hat sie beste Chancen, sich das Ticket nach Berlin im nächsten Jahr zu sichern“, freute sich Dirk-Frederik Stelling. Der Vorsitzende des Bremervörder Ortsverbandes und der CDU-Stadtratsfraktion gehört zu denen, die hinter den Kulissen erheblich zu Zobels Nominierung beigetragen haben. Denn mit der Mehedorferin könnte die Ostestadt vor einer Premiere stehen, wie auch Stelling bewusst ist. „Mit ihr hat Bremervörde zum allerersten Mal die Chance auf einen Abgeordneten im Bundestag.“ Stellings Versprechen an seine Parteifreundin: „Wir werden in den nächsten zwölf Monaten alles geben, damit das gelingt.“
Theo Bick – Bremervörder Zeitung – 21.09.2024